Orgel in Rodenbach

Orgel in Rodenbach

Älteste Orgel Oberhessens

Von alters her glänzt das historische Altenstadt als Verwaltungszentrum der Region, war Marktort und Gerichtssitz -  nur kirchlicher Mittelpunkt war es Jahrhunderte lang nicht. Diese Ehre gebührt dem 3 Kilometer entfernten heutigen Ortsteil Rodenbach, ein beschauliches 1000-Seelen-Dorf in einer von Streuobst-wiesen umgebenen Mulde. Dem dortigen Gotteshaus sieht man seine einstige Bedeutung als „Mutterkirche“ von außen nicht an, doch im Innern birgt es ein musikgeschichtliches Kleinod: Die älteste spielbare Orgel ganz Oberhessens! Auf ihrem Prospekt trägt sie die Jahreszahl 1621 und ist damit älter als das Kirchlein selbst, das 1752-57 anstelle des baufällig gewordenen mittelalterlichen Vorgängerbaus errichtet wurde. Die Baukosten betrugen damals mehr als 3000 Gulden, nach heutigem Wert rund 25 000 € und damit eine enorme Summe, die man über Jahre hinweg durch Spenden und Kollekten in der weiten Umgebung aufbrachte, sogar im fernen Hamburg wurden 56 Gulden dafür gesammelt. Ein weiteres Vierteljahrhundert verging, bis 1781 endlich eine eigene Orgel angeschafft werden konnte - keine neue, sondern eine gebrauchte, die laut Baujahr vorher eben schon 140 Jahre in der Niddaer Stadtkirche Dienst getan hatte.

Der grün-rote Spieltisch im Stil der Spätrenaissance ist reich mit vergoldetem Schnitzwerk verziert und stammt aus der Werkstatt von Georg Wagner aus Lich, dem führenden hessischen Orgelbaumeister des 17. Jahrhunderts, der viele große Kirchen zwischen Butzbach und Frankfurt mit seinen Instrumenten ausstattete. Das Werk ist einmanualig und hat 8 Register, davon 4 noch aus der Bauzeit, und wurde 1970 von der renommierten Hamburger Orgelbaufirma v. Beckerath restauriert. Um den Originalzustand wieder herzustellen, hat man dabei ein Pedal mit 13 Tasten wieder entfernt, das irgendwann später zusätzlich angehängt worden war.

Christoph Brückner, durch seine Kirchenmusiken und vielseitigen Konzerte in der ganzen Wetterau bekannt und darüber hinaus gern gesehener Gastorganist in Dekanaten und Diözesen halb Deutschlands, der zur Passionszeit 2010 in Rodenbach spielte, bedauert dies, weil es die Einsatzmöglichkeiten vorwiegend auf Musik aus Renaissance und Barock beschränkt. Dessen ungeachtet nennt er die Wagner-Orgel einen „ausgesprochenen Glücksfall“ und preist deren „schöne  mitteltönige Stimmung, die bei 5 Grundtonarten in C – F – B - G und D / D-Dur sowie im korrespondierenden Moll strahlende Harmonien hervorbringt“. Für ent-ferntere Tonarten mit mehr Vorzeichen, so Brückner, sei das gute Stück allerdings weniger ideal und stelle daher an den Spieler erhöhte Anforderungen. Vor allem - und Experten werden wissen, wovon die Rede ist - die Konstellation der sog. „kurzen Oktave“ erfordere ein Umdenken und sorgsame Auswahl des Repertoires.

Die Rodenbacher Kirchenorgel und ein Blick auf die altertümliche Klaviatur

Fotos: Thorsten Pirkl

Die Zeichnung stammt von Christoph Brückner